Eastern Europe und Hochzeitsglocken - Mein Abschluss in Europa

Mein letzter Monat in Europa und gleichzeitig mein erster Monat in der Freistellung. Roadtrippin durch Eastern-Europe, dazu Festivals, Friends und Wedding-Vibes

8/27/20238 min read

"Kannst du nicht schon etwas früher nach Malaysia kommen?" Eigentlich schon, dachte ich mir im Frühsommer, als ich das erste Mal näher mit meinem Kumpel über potenzielle Termine für mein One-Way-Ticket gesprochen hatte. Schließlich wäre es ja fast schon Zeitverschwendung, erst Mitte August zu fliegen, obwohl mein Sabbatical schon pünktlich zu meinem 28. Geburtstag Mitte Juli startet. Im Kalender gab es allerdings noch einen Termin, den ich unter keinen Umständen verpassen wollte und der mich im Endeffekt davon abhielt, direkt im Juli zu starten. Relativ genau 10 Jahre nachdem ich die Beiden das erste Mal traf und relativ genau 10 Jahre nach ihrem Kennenlernen, war es nämlich endlich soweit und zwei Kollegen, die zwischenzeitlich zu guten Freunden von mir geworden waren, hatten zu ihrer Hochzeit eingeladen.

Also wurde offizieller Starttermin 22.07.2023 zu offiziellem Starttermin 21.08.2023 und es galt knapp vier arbeitsfreie Wochen mit Adventures zu füllen. Die erste Idee war relativ schnell da und befand sich bereits in meiner Garage. Warum nicht nochmal ein Roadtrip mit Jeremy (meinem Peugeot 306 Cabrio aus 1995) bevor er 30 wird? Als Notlösung im Winter 2022 gekauft, war er mir nämlich zwischenzeitlich sehr ans Herz gewachsen und fuhr mich trotz seines erhöhten Alters ziemlich zuverlässig durch Nordhessen. Vor dem anstehenden Verkauf zum Abschluss nochmal eine große Tour; sounds good!

Aber wohin eigentlich? Auf jeden Fall eine Region, in der ich vorher noch nie war. Möglichst nah an Deutschland, aber nicht in Deutschland. Warum nicht mal nach Polen? Von dort aus durch die Slowakei nach Ungarn. Budapest soll super schick sein und vom Balaton hatte ich auch schon öfters zu hören bekommen. Auf dem Rückweg über Wien; im Prinzip einmal um Tschechien. Und auf jeden Fall Low-Budget, um Geld für die Folgezeit zu sparen. Für einen standesgemäßen Roadtrip mit einem fast Oldtimer fehlte nur noch jemand zum Quatschen während langer Autofahrten. Also die Idee spontan einem guten Freund, mit dem ich schon immer mal wegfahren wollte, vorgestellt und überzeugen können (auch wenn 3.600km in einem 28 Jahre alten Cabrio im ersten Moment sicherlich nicht nach Super-Comfy-Urlaub geklungen hat).

Einige Wochen später war es dann finally so weit. Nachdem Jeremy recht kurzfristig noch einen neuen Kühler erhielt, hatte er jetzt in Kofferraum und Rückbank Campingequipment, Taschen und Verpflegung. Weil vorne auch noch zwei Jungs Platz finden mussten, war das Einladen ziemliches Tetris, aber zum Schluss passte alles. Wird schon schiefgehen. Das Leben ist wie eine große Autobahn, lass uns nicht lange überlegen, sondern losfahr'n.

Der erste Stop des Roadtrips sollte irgendwo in Brandenburg in der Nähe von Berlin sein. Weil wir nicht länger als vier Stunden am Stück fahren wollten, war Polen am ersten Tag nicht zu erreichen. In Anbetracht des absolut tristen Regenwetters in Deutschland wollten wir aber trotzdem möglichst nah an die Grenze kommen. Ergebnis dieser Idee war nach ziemlich genau vier Stunden Autofahrt und einem Spontanbesuch bei der Mutter meines Kumpels, die ebenfalls in Brandenburg campte, ein Campingplatz am Teupitzer See. Wir hatten noch nie davon gehört, ihr vermutlich auch nicht. Aber wie sagt man in letzter Zeit gerne in Deutschland: "Nett hier!" Dasselbe dachten wir uns auch und nach schönem Sonnenuntergang am See mit überraschend gutem Wetter ging es ins Zelt. Ab dann gab's Gewitter, (wenig) Schlaf im Zelt mit Hanglage und eine ziemlich kurze erste Nacht...

Weil die Wetterprognosen für die Folgetage an der polnischen Ostsee noch schlechteres Wetter voraussagten, wurde der eigentliche Reiseplan gleich am nächsten Morgen über den Haufen geworfen. Erstmal ein ganz entspannter Start in den Tag mit einer Kajaktour durch den Spreewald solange es noch nicht regnet. Für mich zwar schon Besuch Nr.2 in Lübbenau, aber mindestens genauso schön, wie beim ersten Mal. Insgesamt sechs Stunden fahren, um das verregnete Danzig zu sehen, war uns danach aber wirklich zu viel. Stattdessen hatten wir auf Maps das deutlich nähere Wroclaw (Breslau) entdeckt und mangels wirklicher Alternativideen spontan zum Tagesziel erklärt. Rückblickend eine der besten Ideen unseres Trips. Neben dem Wetter, das für die angesagten Verhältnisse traumhaft war, gab es in Wroclaw eine wunderschöne Mischung aus Altstadt und Moderne, tolles Essen und eine spontane philippinische Zaubershow, die wir dank eines unfreiwilligen Nebendarstellers wohl nie vergessen werden.

Von Wroclaw sollte es als nächstes an einen persönlich ganz besonderen Ort gehen. Nachdem mein Großvater das erste Mal von den Plänen zum Roadtrip hörte, fragte er mich nämlich, ob ich möglicherweise in die Nähe seines Geburtsorts käme und aktuelle Bilder von dort machen könnte. Seitdem er in den 1950er Jahren nach Deutschland kam, war er nie wieder dort gewesen, würde aber gerne nochmal sehen, wie es dort fast 70 Jahre später aussieht. Da das winzige Örtchen Dabrowa nur einen Umweg von ca. einer Stunde auf unserem Weg nach Krakau bedeutete und ich ebenfalls gerne sehen wollte, wo mein Großvater geboren wurde, war es für mich selbstverständlich, diesen Zwischenstopp einzulegen. Die Sonne entschied passend zu unserem Tag auf der Straße, einen Tag freizumachen. Nach insgesamt sieben Stunden im Auto bei Dauerregen kamen wir so abends mit Fotos für Opa im Gepäck in Krakau an. Wieder eine wunderschöne Altstadt, wieder Pierogi. Den vielen Bars und persönlichen Einladungen nach, daneben sicherlich auch eine sehr nice Stadt für wilde Partys (but we were way to tired 👼).

Day 4 sollte dann der erste richtige Sunny-Day werden. Mittlerweile schon im Süden von Polen war es also naheliegend, die dort recht dicht beieinanderliegenden Nationalparks zu besuchen. Den Anfang machten wir im eher überschaubaren Ojcow-Nationalpark mit einer ca. zweistündigen Wanderung. Von dort aus ging es dann mit dem Auto direkt weiter in die Pieninen an der Grenze zur Slowakei, wo wir unsere Zelte für die Nacht aufschlugen und zum Sonnenuntergang auf den nahegelegenen Trzy Korony wanderten. Die immerhin knapp 500 Höhenmeter auf dem Weg zum Gipfel, die ich natürlich wieder im Sprint zurücklegen wollte, waren es hierbei absolut wert. Oben angekommen durften wir auf der Aussichtsplattform (ab 19 Uhr übrigens kein Eintritt; wir kamen um 18:58 Uhr 😒) eine unglaublich schöne "Golden Hour" über die umliegende polnisch-slowakische Landschaft bestaunen und waren außer einem weiteren Wanderer völlig allein.

Weil unser Campingplatz für die Nacht direkt am Stausee des Dunajec gelegen war, kam abends noch die Idee, für den nächsten Tag eine Rafting-Tour durch den Dunajec zu machen; sozusagen der Klassiker in der Region. Um den Touristenströmen zu entgehen, ging es am nächsten Morgen also direkt zur Ladenöffnung um 9 Uhr in die Slowakei zum Rafting-Anbieter und wir waren tatsächlich die ersten auf dem Fluss. Laut unserem Guide (John oder Jack?!) waren wir sogar die frühsten Kunden, die er je gesehen hätte. Naja, Deutsche eben 🤞😅 Besonderes spektakulär war die Tour nicht, aber John (oder Jack?) war ein ziemlich netter Typ und wir konnten uns ein paar Local-Tips für die Slowakei abholen. Vorher ging es aber nochmal zurück nach Polen. Einen letzten Punkt hatten wir uns noch markiert. Zakopane! Bekannt als Skifahrerort direkt an der hohen Tatra wollten wir von dort ürsprünglich den Rysy (Polens höchsten Berg) besteigen. Witterungsbedingt war hieran aber nicht zu denken. Den sehr bekannten See "Morskie Oko", der direkt unter dem Rysy liegt, wollten wir uns aber trotz des leichten Regens nicht entgehen lassen. Mit Hin- und Rückweg immerhin auch eine ca. 18km lange Wanderung. Oben angekommen gab es tatsächlich einen sehr schön gelegenen See, der allerdings unglaublich touristisch ist und vom Panorama vielfach auch in den Alpen vorgefunden werden kann.

Den Weg Richtung Budapest starteten wir an Tag 6 morgens in der slowakischen Stadt Poprad. Hierhin waren wir am Vorabend noch gefahren und bei einem supernetten Gastgeber, der sogar ein bisschen deutsch konnte, untergekommen. First stop of the day war Prielom Hornadu. Ein nahegelegenes Wandergebiet in der Slowakei. Ähnlich wie in einer Klamm konnten wir hier über Leitern und Plattformen eine Art Canyon von unten nach oben durchqueren. Ehrlich gesagt ziemlich cool, teilweise sogar richtig abenteuerlich und wenig überlaufen. Allgemein gab es in der Slowakei durchweg schöne Hügellandschaften, sonniges Wetter und (warum auch immer) eine unglaubliche Anzahl von abknickenden Vorfahrtsstraßen. Ein bis zwei Tage mehr hätten wir hier ohne Probleme verbringen können. Unser Ziel war aber Budapest, wo ein weiterer Freund bereits auf uns wartete. Also nochmal knapp drei Stunden im Auto, um am späten Nachmittag in Budapest anzukommen. Der Plan für den Abend war bereits klar. Dinner, Drinks und Party! Nach leichten Startschwierigkeiten landeten wir auf dieser Mission schließlich im Szimpla Kert. Absolut geiler Laden und von dort aus dann bis in die Morgenstunden durch Budapest ohne hier Details zu schildern.

Der Start in den nächsten Tag war entsprechend etwas slower. Nach ausgiebigem Sekt-Brunch sollte die Stadt erkundet werden. Viel will ich hier gar nicht schreiben. Fahrt einfach selbst nach Budapest. Wunderschöne Stadt, tolles Essen, günstige Drinks. Mein absolutes Highlight der Tour. Einzige konkrete Empfehlung: Vor Ort unbedingt eine Prosecco-Bootstour über die Donau buchen. Besser kann man für 20 € nicht vortrinken🥂🍾

Die letzte Etappe vor dem Start der Rückfahrt nach Germany waren dann zwei Tage am Balaton. Seitdem wir in Ungarn waren, schien durchweg die Sonne und auf dem Thermometer stand meistens eine Zahl oberhalb von 30 Grad. Wir brauchten also endlich mal eine Abkühlung und wollten nach ziemlich durchgetakteten 8 Tagen Roadtrip einfach ein bisschen chillen. Den entsprechenden Campingplatz für die erste Nacht hatten wir schnell gefunden und abends den Sonnenuntergang mit Snacks am schicken Janus Xantos Lookout angeschaut. Am nächsten Tag ging es dann relativ unspektakulär über diverse Dörfer einmal um den Balaton. Mein Kumpel war gesundheitlich leider etwas angeschlagen. Größere Touren waren also nicht mehr drin. Immerhin in den Weinbergen fanden wir spontan am letzten Morgen ein wunderschönes Foto-Panorama.

Auf dem anstehenden Rückweg Richtung Germany (insgesamt 12 Stunden Autofahrt) ging es zuerst nach Wien. Ohnehin auf dem Weg gelegen, bot es sich an. Außerdem waren wir beide noch nie dort und hatten viel Positives gehört. Enttäuscht wurden wir nicht, obwohl wir ziemlich platt ankamen. Neben dem erneut wunderschönen Stadtbild, den Touri-Klassikern Schloss Belvedere und Schloss Schönbrunn, war insbesondere der abendliche Besuch des Wiener Prater ein sehr cooles Erlebnis. Mitten in der Stadt ein im Pirnzip dauerhafter Jahrmarkt; hat was. Als kleiner Adrenalin-Junkie musste ich natürlich in das höchste Fahrgeschäft auf dem Prater und bekam so die Gelegenheit, auf ca. 50m Höhe während der Fahrt den Sonnenuntergang über Wien zu fotografieren.

Da mein Kumpel wegen eines privaten Termins vorzeitig per Zug abreisen musste, nutzte ich die verbleibende Zeit, um auf dem Rückweg noch zwei Freundinnen in Bayern für ein Weinfest zu besuchen. Im Anschluss ging es dann aber auf direktem Weg zurück nach Kassel. Schließlich stand drei Tage später schon das fünftägige SMS-Festival an und musste noch vorbereitet werden. Zuhause in der Garage angekommen war dann auch endlich eine Sache Gewissheit. Jeremy hatte wieder mal abgeliefert. Trotz 3400 Kilometern, teilweise ziemlich schlechten Straßen, Hitze, Regen und Gewitter kamen wir ohne jegliche Probleme durch fünf Länder. Relativ schnell war daneben auch klar, dass wir zwar nicht immer bestes Wetter hatten, in Deutschland aber während unserer Abwesenheit kein Tag ohne Dauerregen und/oder Gewitter vergangen war. Also alles richtig gemacht, viele neue Orte entdeckt, eine geile Zeit mit meinem Kumpel gehabt und Jeremy einen würdigen Abschied vor dem Verkauf bereitet. Osteuropa kann was. Viel besser hätte ich die Zeit bis zur Hochzeit, die sich wirklich gelohnt hat, nicht nutzen können.🤞