Chaos in Laos - Ups and Downs im Nirgendwo

Unverhofft kommt oft. Und so nimmt meine Reise im Norden von Laos eine fast schon schicksalhafte Wendung, die den weiteren Verlauf nicht nur beeiflussen, sondern wesentlich prägen wird.

Pallo XOXO

11/22/202313 min read

Planlos geht der Plan los. Sicherlich einer meiner Favorite-Sprüche, wenn es ums Traveln geht und wahrscheinlich so etwas wie mein Motto bei Auf locker um die Welt. Natürlich geht es nie ganz ohne Plan aber zu weit im Voraus zu planen und für jeden Tag schon im Vorhinein einen festen Ablauf zu haben ist mir einerseits zu viel (unnötiger) Aufwand und nimmt mir andererseits einmalige Chancen zur Spontanität.

Für die Zeit nach Vietnam und vor dem nächsten Besuch aus Deutschland, also den gesamten November 2023, hatte ich die finale Entscheidung über die Frage, wohin es gehen sollte, insofern mal wieder bis zum letzten Tag aufgeschoben. Ideen gab es einige. Über Taiwan und Südkorea nach Japan. Myanmar entgegen den omnipräsenten Reisewarnungen abchecken. Volunteering in einem Hostel bzw. einer Bar oder spontan Laos entdecken. Bei genauerer Überlegung gestalteten sich mache der Ideen mehr, manche weniger sinnvoll. Witterungsbedingt war beispielsweise schnell klar, dass man mit Sommer- und Strandoutfits im November weder in Südkorea noch in Japan wirklich weit kommt. Ein Land bzw. vor allem ein Regime, dass seine Bürger teilweise mit Gewalt unterdrückt, wollte ich mit meinem Besuch ebenfalls nicht passiv unterstützen, weshalb auch Myanmar nicht länger auf der Agenda stand. Als Ergebnis des spontanen Brainstormings Ende Oktober blieb also (teilweise auch der Kurzfristigkeit und etwaigen Bewerbungsfristen geschuldet) nur noch Laos als nächste Destination übrig.

Nur noch (etwas pessimistisch), weil Laos zu diesem Zeitpunkt ein weißer Fleck auf meiner geistigen Landkarte war. Insgesamt deutlich weniger populär als die übrigen Länder in Südostasien hatte ich abseits von vereinzelten Backpacker-Storys zuvor nämlich relativ wenig über das Land gehört. Die Informationen, die ich hatte, einte meistens „Viel Natur und wenig Abwechslung“, bzw. „dünn besiedelt und alles recht einfach“. Naja, was soll’s. In Nordvietnam war ich ohnehin in unmittelbarer Nachbarschaft, Alternativpläne hatte ich keine und auf dem Weg zurück nach Thailand, wo ich meinen nächsten Besuch Anfang Dezember in Empfang nehmen wollte, lag es ja quasi „auf dem Weg“.

Der Ausgangspunkt für meinen Laos-Trip war mit der Hauptstadt Vientiane (Sternchen, wer das wusste) recht schnell gefunden, sodass nur noch die Frage der Anreise geklärt werden musste. Mit einer direkten grenzüberschreitenden Busverbindung zwischen Hanoi und Vientiane war aber auch hierfür schnell eine Lösung parat. Zumindest so lange, bis ich die Fahrzeit von 26 Stunden entdeckte und von anderen Backpackern erfuhr, wie endlos und umständlich die Grenzkontrolle teilweise verlaufen würde… Grundsätzlich zwar großer Fan vom Verzicht aufs Fliegen entschied ich mich in Anbetracht dieser Umstände am Ende maximal spontan doch für Hanoi Airport, um von dort innerhalb einer Stunde nach Vientiane zu fliegen.

Unterwegs nach Laos wurde dann auch so etwas wie ein grober Plan für meinen Aufenthalt entworfen. Von Vientiane in den Norden nach Luang Prabang und Nong Khiaw. Auf dem Rückweg Richtung Süden ein paar Nächte in Vang Vieng und im Anschluss nach Thakek für den dortigen Motorrad-Loop bevor es zum Schluss ganz in den Süden nach Pakse gehen sollte. Von dort dann per Bus weiter nach Thailand. Zeitfenster 14-20 Tage. Let’s Go!

Angekommen in Vientiane durfte ich am Airport als erstes Lernen, dass Kambodscha nicht das einzige südostasiatische Land mit kostenpflichtigem Visum für Deutsche ist. Weil ich die geforderten 40 $ (in bar) natürlich nicht parat hatte und der einzige Bankautomat im Transit-Bereich nur die nationale Währung (laotische Kip) ausspuckte, durfte ich also erstmal mit dem Grenzbeamten verhandeln. Ergebnis des Ganzen: Ausnahmsweise könne ich mit Kip bezahlen, dafür würden sich die Gebühren aber von 40$ auf umgerechnet 50$ erhöhen; Begründung dafür Fehlanzeige… Weil aggressiveres Diskutieren mit Grenzbeamten allerdings meistens mehr Probleme schafft als löst und Alternativen für mich kaum existierten dann eben (widerwillig) 50$.

Die nächste Überraschung gab es wenige Minuten später beim Verlassen des Airports. Ausgerüstet mit einer neuen (wirklich günstigen und gut funktionierenden) SIM-Karte durfte ich feststellen, dass „Grab“ in Laos nicht existiert. Mit „LOCA“ hat Laos zwar seine eine eigene Alternative in App-Form. Die Einrichtung der App war aber derart umständlich und die App so schlecht, dass ich nach einigen Minuten aufgab und stattdessen das klassische OG-Taxi per Handzeichen nutzen musste, um zum Hostel zu kommen. „Laos ist eben etwas einfacher“.

Vientiane auch! Gute Gründe, die immerhin knapp 1 Mio. Einwohner umfassende Hauptstadt kennen zu müssen, gibt es nämlich kaum. Mangels wirklicher Sehenswürdigkeiten und aufgrund des unverhältnismäßig ruhigen Verkehrs (willkommene Abwechslung nach dem Dauerhupen in Vietnam) hat man eher das Gefühl, in einer asiatischen Kleinstadt zu sein. Meine ersten zwei Nächte in der Stadt waren insofern maximal unspektakulär und bestanden primär aus dem Warten auf die Weiterreise nach Luang Prabang. Highlights gab es, wenn überhaupt in Form der vom französischen Kolonialeinfluss geprägten, wirklich guten Cafés und einem spontanen Abstecher zu einer Driving-Range im Stadtzentrum, bei der zwar niemand auch nur ein einziges Wort Englisch konnte, ich aber (oder gerade deshalb) für umgerechnet 4$ fast eine Stunde golfen durfte. Abseits davon war Vientiane vor allem ruhig. So ruhig, dass selbst das Finden eines TukTuk-Fahrers mitunter eine echte Herausforderung war.

Umso mehr freute ich mich also nach zwei Tagen endlich nach Luang Prabang zu fahren. In einem der modernsten Schnellzüge der Welt. Ja richtig! In einem Schnellzug, von dem sich die Deutsche Bahn in Sachen Pünktlichkeit und Komfort zehn Scheiben abschneiden kann. Dank China hat das sonst so einfache Laos im Norden nämlich seit einigen Jahren eine für die gesamte Region einzigartige Bahntrasse; inklusive absolut überdimensionierter Bahnhöfe im Nirgendwo, Sicherheitsvorkehrungen wie am Flughafen (RIP Mückenspray) und absoluter Pünktlichkeit.

Relativ genau zwei Stunden später war ich so auch pünktlich in Luang Prabang angekommen, wo bereits die Taxifahrt zum Hostel ein Vorgeschmack auf das wirkliche Laos abseits von Vientiane sein sollte. Soweit das Auge reicht, grüne Dschungel-Landschaften umgeben von schroffen Erhebungen und dazwischen der mächtige Mekong. Die Straßen nur noch schlecht asphaltiert und gefühlt alle fünf Sekunden unzählige Schlaglöcher. „Laos ist eben etwas einfacher“. Dafür aber plötzlich wunderschön!

Entsprechend wollte ich keine Zeit verlieren und suchte mir direkt einen Rollerverleih, um den Nachmittag für den Besuch des „Kuang Si Wasserfalls“ zu nutzen, wo ich trotz der wirklich schlechten Straßen auch eine Stunde später ankam. Was ich dabei allerdings nicht auf dem Schirm hatte, waren die Öffnungszeiten des Wasserfalls. Nur bis 17 Uhr! Meine Ankunft 16:30 Uhr und allein der Weg vom Parkplatz zum Wasserfall war mit 30 Minuten angegeben. Whatever, nochmal fahre ich die Stunde nicht und Speed-Wandern ist ja meine Königsdisziplin. 10 Minuten später stand ich also am Ziel und durfte den wirklich wunderschönen Wasserfall fast allein bewundern. Kurz vor knapp hat offensichtlich auch Vorteile! Fast schon umgedreht, fiel mir dann sogar noch ein kleiner Wanderweg auf, der neben dem Wasserfall nach oben führte. Ein Schild gab es zwar nicht, aber mein Bauchgefühl sagte direkt, dass sich der Weg lohnen würde. Und wie! Nach einem kurzen, recht steilen Anstieg eisblaue Naturpools, niemand außer mir in der Nähe und die einmalige Gelegenheit direkt am Rande eines Wasserfalls schwimmen zu können. Natürlich hatte ich die Zeit bei diesem Erlebnis völlig aus den Augen verloren. Mit einer kurzen Klettereinheit kam ich aber auch um 17:30 Uhr über das mittlerweile geschlossene Eingangstor und durfte als Belohnung noch den Sonnenuntergang über dem Mekong genießen.

Angefixt von der tollen Landschaft im Norden von Laos beschloss ich auf dem Rückweg nach Luang Prabang, den Roller für ein paar Tage länger auszuleihen und die Tour nach Nong Khiaw auf eigene Faust zu fahren. Bevor es weitergehen sollte, war aber noch mindestens eine Nacht in Luang Prabang eingeplant, um die Stadt mit ihren Cafés und dem Night-Market zu entdecken. Weil der Vibe im Hostel mal wieder stimmte, ging es außerdem spontan mit den Jungs & Mädels aus dem Hosteldorm, die außer mir allesamt aus England kamen, auf einen netten Viewpoint für den Sunset, zum italienischen Dinner und vor allem zum Late-Night-Bowling?! Weil in Luang Prabang alle Bars und der Night-Market gegen 22 Uhr schließen, bleibt nämlich danach als einzige Party-Location eine etwas außerhalb gelegene Bowling-Bahn, die bis 2 Uhr geöffnet ist. Ab 22 Uhr ist die Bowling-Alley also der Place-to-be für alle Backpacker und bietet neben Bowling auch die Möglichkeit, mit zwei Promille seine Skills beim Bogenschießen auszuprobieren. Ziemlich random, ziemlich einzigartig, irgendwie geil und mit stabilen drei Strikes in Folge den Sieg sogar nach Deutschland geholt.

Mit Belohnung in Form eines leichten Katers ging es dann am nächsten Morgen auf den Roller und in knapp drei Stunden nach Nong Khiaw. Bekannt als Paradies für Outdoor und Hiking hatte ich mir mindestens zwei Tage vorgenommen, um die Gegend zu erkunden und war bereits am ersten Tag ziemlich überwältigt. Umgeben von Bergen und geteilt durch den Nam Ou River liegt die Stadt (oder eher das Dorf) unglaublich malerisch im absoluten Nirgendwo. Wenig Verkehr (noch schlechtere Straßen) und alles wirklich sehr einfach. Selbst eine Unterkunft zu finden, kostete mich drei Versuche, da Booking hier kaum funktionierte und die beliebteren Guest-Houses bereits ausgebucht waren.

Gleich der erste Sunset vom „Pha Daeng“ war dafür atemberaubend und die knapp 45-miütige Wanderung durch den Dschungel absolut wert. Selbst der Abstieg in totaler Dunkelheit, war dank des klaren Sternenhimmels ein einmaliges Erlebnis und mit Hilfe der Handytaschenlampen eines Holländers und eines Franzosen, die ich auf dem Gipfel getroffen hatte, sogar recht gut machbar. Am nächsten Morgen Bootstour in das noch abgelegenere Muang Ngoy und Besuch des dortigen „Phanoi Viewpoint“. Ebenfalls wunderschön! Als Tagesabschluss mit Josh, einem Engländer aus meinem Dorm in Luang Prabang, zum Abendessen. Food top, restlicher Inhalt der Karte (u.a. Opium) mindestens fragwürdig😅

Ziemlich begeistert von Nong Khiaw blieb für den Morgen des dritten Tages nur noch eine Challenge übrig. Der höchste (zugängliche) Viewpoint in der Umgebung auf dem Gipfel des „Pha Kao“, ohne den ich nicht gewissenfrei weiterziehen hätte können. Die Informationen im Internet waren zwar spärlich aber ausreichend, um zumindest den Startpunkt zu finden. Josh hatte ich zwischenzeitlich ebenfalls motiviert, sodass wir uns um 7 Uhr morgens gemeinsam auf den Weg machten. Anfangs alles recht simpel, wurden wir das erste Mal stutzig, als der offizielle Wanderweg mit einer Art provisorischem Zaun blockiert war. Unbeeindruckt davon setzten wir unseren Weg natürlich fort. Aufgrund des schlechter werdenden Pfades und des dichter werdenden Dschungels beschlich uns aber zunehmend das Gefühl, dass der Weg schon seit längerem nicht mehr genutzt wurde. Auch die Wegfindung wurde deutlich schwerer und insbesondere meine Wenigkeit war von den unzähligen Spinnen auf dem Weg nicht gerade begeistert. Als wir nach über zwei Stunden endlich in Gipfelnähe kamen, war der Weg dann völlig verschwunden, weil anscheinend ein Unwetter wenige Tage zuvor sämtliche Bäume ausgerissen hatte. Erst beim letzten Versuch vorm Umkehren konnten Josh und ich den eigentlichen Pfad wiederfinden und standen wenige Minuten später finally auf dem Gipfel mit einem unglaublich pittoresken Panorama über einem Meer aus Wolken. Natürlich ganz allein! Der Weg war nämlich offiziell tatsächlich gesperrt, weil das Unwetter auch die Hütte auf dem Gipfel zerstört hatte. Uns war’s egal und meine Mission in Nong Khiaw war erfüllt.

Zurück nach Luang Prabang also. Nur wie? Dieselbe Strecke zurückfahren klang irgendwie langweilig. Vor allem weil Google Maps auch eine Alternativroute vorschlug, die zwar doppelt so lange dauern sollte, aber dafür landschaftlich deutlich eindrucksvoller sein dürfte. Spätestens nachdem ich dazu auch noch einen Bericht bei TripAdvisor fand, war die Entscheidung also klar. Zurück nach Luang Prabang über die Bergstraße via „Pak Xeng“. Absolutes Nirgendwo, Schotterpisten und Landschaft pur.

Step 1 war eine knapp zweistündige Etappe bis zum letzten Dorf (ebenfalls namens Pak Xeng?!) mit Guesthouses, die direkt Lust auf mehr machte. Unmittelbar hinter Nong Khiaw begann die Straße durch ein enges Tal zwischen den umliegenden, größer werdenden Bergen zu führen. Natürlich wurde der Zustand der Straßen wieder einmal schlechter, aber die Querungen durch Flüsse, die unzähligen Brücken und die atemberaubenden Aussichten waren mehr als genug Ausgleich dafür. Fast schon Ha Giang Loop 2.0; inklusive winkender, lachender Local-Kids. Angekommen im letzten Guest-House der Region ging es nach simplem Dinner zeitig ins Bett, um am nächsten Morgen die übrigen fünf Stunden bis nach Luang Prabang zu fahren.

So zumindest die Theorie. Denn leider läuft nicht immer alles nach Plan. Gute zwanzig Minuten am nächsten Morgen unterwegs, löste sich aus dem Nichts plötzlich eine der Halterungen für das Vorderrad meines Rollers. Bergab unterwegs auf einer Schotterpiste sprang das Vorderrad so direkt nach links und ließ sich nicht mehr kontrollieren. Bei knapp 30-40km/h versuchte ich zwar noch zu Bremsen, bekam aber keine Kontrolle mehr und flog frontal vom Roller, landete zuerst auf dem Kopf und rutschte dann einige Meter über die Straße. Wenige Sekunden später stand ich dank des Adrenalins zwar wieder. Mein linkes Knie sah aber ziemlich übel aus, meine Hände waren voller Blut und der Roller lag im Gebüsch. Immerhin mein Kopf blieb dank des Helms weitestgehend unversehrt. Mitten im Nirgendwo wurde mir in diesem Moment aber schlagartig klar, dass ich dringend irgendwie ärztliche Hilfe finden muss, um die Wunde am Knie zu versorgen. Shit!

Die ersten Einheimischen, die am Unfallort vorbeikamen, hielten direkt an und versuchten mir den Weg zum Krankenhaus zu zeigen. Dass an selbständiges Weiterfahren in meinem Zustand und mit diesem Roller nicht zu denken war, schien die Locals dabei aber wenig zu interessieren. Während ich noch versuchte, diesen Umstand irgendwie klarzumachen, kam glücklicherweise ein Pick-Up angefahren, den die Locals direkt anhielten und über meinen Unfall informierten. Ohne zu zögern, durfte ich einsteigen und wurde im Eiltempo in das „Community Hospital“ nach „Pak Xeng“ zurückgebracht.

Hospital stand dort zwar an der Eingangstür, mit einem wirklichen Krankenhaus hatte die Einrichtung aber bereits auf den ersten Blick relativ wenig zu tun. Weil Englisch erst recht nicht gesprochen wurde, machten sich die zwei wortkargen Krankenschwestern (einen Arzt gab es nicht) direkt daran, die Wunde am Knie zu nähen. Erst auf mehrfachen Hinweis von mir, begannen sie dann auch, die Wunde zu desinfizieren und zu reinigen. Nicht gerade eine Wunschbehandlung (vor allem ohne jeglichen Check auf Knochenfrakturen oder Schäden an den Bändern), aber in diesem Moment meine einzige Möglichkeit und immerhin kostengünstig für umgerechnet 5$. Gerade genug, um es von meinem übrigen Bargeld zu bezahlen.

Neben der schlechten Behandlung machten sich zunehmend weitere Sorgen im Kopf breit. Wie komme ich zurück nach Luang Prabang? Was mache ich mit dem Roller? Und vor allem, woher bekomme ich frisches Bargeld, um all das zu bezahlen? Nach einer kurzen Erholungspause also mit Google Translator zu den Locals, um zumindest einen Transport zu einem ATM zu organisieren. Statt Transport gab es als kollektive Antwort allerdings erstmal nur allgemeine Ratlosigkeit. Immerhin der kaputte Roller wurde zwischenzeitlich von dem Pick-Up, der mich zuvor ins Krankenhaus gebracht hatte, geholt und ebenfalls am Krankenahaus abgestellt. Über eine Stunde verging so, bis es endlich so etwas wie einen Lichtblick gab. Ein jüngerer Herr, der sich als Bulleh vorstellte, kam zu mir und begrüßte mich mit gutem Englisch. Einen Transport für mich und den Roller könne er für ca. 80$ organisieren und bei Problemen als Übersetzer fungieren. Viel Geld für laotische Verhältnisse, mir in diesem Moment aber ziemlich egal.

Dreißig Minuten später lag ich also mit Knieverband zwischen Kartons voller Klamotten, dem defekten Roller und einigen weiteren Locals auf der Ladefläche eines kleinen LKW’s und startete die fünfstündige Tour nach Luang Prabang. Dank Schmerztabletten und einer Decke fast schon angenehm, gab es unterwegs neben allerlei Stopps zum Be- und Entladen sogar ein gemeinsames Street-Food-Abendessen, zu dem mich Locals einluden. Auch wenn ich kaum einen Bissen runterbekam, eine wirklich nette Geste beim sicherlich unkomfortabelsten aber gleichzeitig unvergesslichsten Krankentransport meines Lebens.

Zurück in Luang Prabang war dann endgültig klar, dass aus meinem ursprünglichen Reiseplan für Laos nichts wird. Hatte ich unterwegs zeitweise noch die Hoffnung, dass ich innerhalb kurzer Zeit wieder fit werde, durfte ich vor Ort feststellen, dass ich kaum in der Lage war kürzere Strecken zu gehen und Treppen echte Herausforderungen sein können. Fürs Erste also ausruhen im Hotelzimmer, um am nächsten Tag einen „richtigen Arzt“ für eine genaueren Check des Knies aufzusuchen.

Glück im Unglück oder mit den Worten des Doktors: „If your bone would be broken, you would experience much more pain right now“, gab es am nächsten Tag dann endlich eine positive Nachricht. Nichts gebrochen und abseits diverser Prellungen auch keine gerissenen Bänder! Wirklich gecheckt hatte der Arzt zwar nichts und die Wunde primär anhand von Handyfotos analysiert. Als Teilzeitoptimist klangen die Worte (auch in Anbetracht des deutlich nachlassenden Schmerzes) aber trotzdem gut und die Wunde wurde endlich gründlich gereinigt.

Mangels wirklicher Ideen, wie ich die kommende Zeit am besten überbrücken könnte, beschloss ich im Anschluss, erstmal ein paar Nächte zur Erholung in Luang Prabang zu bleiben. Zwischen Hotelzimmer, jeder Menge Netflix und meinen Tageshighlights in Form von guten Cafés und Restaurants passierte dort zwar maximal wenig. In Anbetracht der Begleitumstände hatte ich mich aber zwischenzeitlich mit der erzwungenen Pause im wirklich netten Luang Prabang abgefunden und versuchte einfach das Beste draus zu machen.

Als ich nach knapp vier Tagen endlich wieder halbwegs stabil auf beiden Beinen unterwegs war, wollte ich dann aber auch weiterziehen, um zumindest Vang Vieng auf meinem Rückweg nach Vientiane noch einen Besuch abzustatten. Bekannt als OG-Backpacker-Partyhochburg im laotischen Nirgendwo stand die Stadt zwar ursprünglich vor allem wegen des legendären Tipsy-Tubing auf meiner Agenda (mit Antibiotika und Wunde keine gute Idee🥲). Weil die umliegende Natur aber auch nüchtern wirklich schön sein soll, wollte ich zumindest ein paar Eindrücke mitnehmen. Neue Cafés waren darüber hinaus eine willkommene Abwechslung, nachdem ich gefühlt jeden Laden in Luang Prabang kannte.

Vier Nächte später hatte ich zwar auch von Vang Vieng genug. Die Stadt hat aber definitiv mehr zu bieten als nur Party. Gleich mein erster richtiger Spaziergang nach dem Unfall führte mich zu einer Sun-Set-Viewbar am Stadtrand, bei der ich die Heißluftballons (Vang Vieng-Classic) vorm Sonnenuntergang mit Cola und Hängematte mehr als nur genießen konnte. Angefixt von der tollen Landschaft ging es am vorletzten Tag sogar mit E-Roller (unfallfrei) zu einem der vielen Viewpoints in der Nähe der Stadt. Auch wenn die Aussicht das eigentliche Highlight ist, wollte ich den „Nam Xay Viewpoint“ vor allem wegen einer (fast ironischen) Besonderheit auschecken. Auf dem Gipfel gibt es zwei Motorräder! Knapp sieben Tage nach dem Motorrad-Unfall der beste Spot um auf meine ganz eigene Art, endlich wieder nach vorne zu blicken.

Für den letzten Stopp in Laos ging es anschließend zurück nach Vientiane. Einerseits, um dort die Fäden (in einer hoffentlich besseren Klinik) ziehen zu lassen und andererseits, um von dort nach Thailand weiterzureisen. Aufgrund meines vorigen Besuchs in Vientiane waren die Erwartungen an die Stadt zwar maximal gering, wurde in meinen drei Nächten in der Stadt aber doch sehr positiv überrascht. Angefangen beim „1920s Barn Hostel“, die mit unglaublicher Hilfsbereitschaft und gutem Kaffee meine ersten zwei Nächte super angenehm machten, bot auch das „International Alliance Hospital“ endlich einen wirklich guten medizinischen Service. Dazwischen natürlich wieder jede Menge gute Cafés, Restaurants und ein Nightmarket mit den seltsamsten T-Shirt Prints ever. Durch einen Zufall traf ich am letzten Tag im „Nana Backpackers Hostel“ sogar mit „Travel4Love“ (oder einfach Josu) einen waschechten Travel-Influencer, dem ich auf seinem Weg ohne Flugzeug von Deutschland nach Thailand schon eine Weile folge; inklusive jeder Menge cooler Storys und einem Einblick, wie viel Arbeit hinter so einen Social-Media-Leben steckt.

Laos war definitiv ein Up and Down. Mehr als nur überrascht von der unglaublich schönen Natur, der Vielzahl an Erlebnissen und den netten Menschen. Mehr als nur überrascht von meinem plötzlichen Rollerunfall. Manchmal läuft eben nicht alles nach Plan. Auch wenn ich wirklich gerne den Süden von Laos besucht hätte, konnte ich aus Zeit- und Gesundheitsgründen meinen ursprünglichen Plan im Ergebnis nicht umsetzen. Aufgeschoben ist aber bekanntermaßen nicht aufgehoben. I might come back to finish, what I’ve started. 16 Tage nach dem Unfall bin ich jedenfalls schon fast wieder fit und seit gestern offiziell Barkeeper auf Koh Phangan💪